Gefangen im unsichtbaren Kastenwesen

Fernweh-Kino holt den Zauber Indiens nach Baden-Württemberg

18. Indisches Filmfestival in Stuttgart, online vom 21. bis 25. Juli 2021: „Das Kastenwesen hält die menschliche Seele gefangen.“ Regie-Altmeister Girish Kasaravalli zitiert in seinem aktuellen Spielfilm „Illiralare Allige Hogalaare“ (Can Neither Stay Here Nor Journey Beyond) ein Gedicht des heiligen Dichters Purandaradasa aus dem 16. Jahrhundert. Wie Kasaravalli thematisieren viele indische Regisseure im Online-Programm des 18. Indischen Filmfestival Stuttgart, 21. bis 25. Juli 2021, das eigentlich abgeschaffte Kastenwesen.

The Great Indian Kitchen - Eröffnungsfilm
The Great Indian Kitchen - Eröffnungsfilm

Gut 40 aktuelle Spiel-, Kurz-und Dokumentarfilme aus allen Staaten Indiens weisen mit scharfem Blick auf politische Fehlentwicklungen und gesellschaftliche Missstände hin, machen aus alltäglichen Kleinigkeiten ganz große Filme. Das Publikum darf sich auf einen Themen-Mix freuen, der vom sozialkritischen Drama bis zum raffinierten Sci-Fi-Thriller („Manny“ mit Sonal Sehgal) reicht.

Im Rahmenprogramm widmet sich ein Fernweh-Kino dem Zauber Indiens. Im Wettbewerb um die begehrten Trophäen „German Star of India“ werden Preisgelder im Gesamtwert von 7.000 Euro vergeben.

Ist der große Bollywood-Traum vom selbstbestimmten Leben geplatzt? Viele Festivalfilme gehen der Frage nach, was von dem seit Mitte der 1990er Jahre lebensfroh und farbenprächtig inszenierten Tanz in neue Freiheiten übriggeblieben ist. In der strengen gesellschaftlichen Rangordnung, nach der ein Hindu sein Leben lang an seine Kaste gebunden bleibt, sehen viele Filme einen Bremsklotz in der gesellschaftlichen Weiterentwicklung des Vielvölkerstaates Indien. Diese klassische Ordnung wird von der aktuellen Politik mitunter als Waffe gegen Emanzipation, Religionsfreiheit und das Recht auf Bildung eingesetzt. So geht es im Festivalprogramm um Menschen, die scheitern, rebellieren und nach dem Glück greifen. „Was alle Filme verbindet, ist die Beschreibung einer Gesellschaft, die in Indien die Rollen und Entfaltungsmöglichkeiten sehr festlegt“, gibt Programmleiterin Elisa Kromeier zu bedenken.

Spielfilm-Highlights

Im Spielfilm „The Great Indian Kitchen“ von Jeo Baby, mit dem das 18. Indische Filmfestival Stuttgart am Mittwoch, 21. Juli 2021, online eröffnet wird, erlebt eine gebildete und emanzipierte junge Frau durch ihre Heirat in eine höhere Kaste zwar einen gesellschaftlichen Aufstieg. Indes: Ihre Werte und Ideale zählen plötzlich nichts mehr. Sie sieht sich mit Bergen von Hausarbeit und ungewohnten Traditionen konfrontiert. Der Eröffnungsfilm wird am Sonntag, 25. Juli 2021 mit limitierter Zuschauerzahl wiederholt.

Regie-Altmeister Girish Kasaravalli schildert in seinem Spielfilm „Illiralare Allige Hogalaare“ (Can Neither Stay Here Nor Journey Beyond), wie das Kastenwesen die menschliche Seele gefangen hält. Aus dem armen Jungen Nanga wird ein gut situierter Familienvater, der aus eigenen schlimmen Erfahrungen wie Diskriminierung, Ausbeutung und Demütigung aber keine Konsequenzen zieht.

In der Mega-City Mumbai wird eine attraktive kosmopolitische Frau in einem konservativen Wohnhaus zum Störfaktor. Der großartige Spielfilm „The Tenant“ von Sushrut Jain bringt ihr Dilemma auf den Punkt: Die Hausfrauen im Sari misstrauen der westlich gekleideten Neuen, die Ehemänner, die sich regelmäßig zur Mieterversammlung treffen, und die Heranwachsenden projizieren in die schöne Meera ihre wildesten Fantasien und der 13-jährige Bharat sucht die Freundschaft zu ihr.

Der auf 35-mm-Film gedrehte Spielfilm „Barah by Barah“ (12 x 12 untitelt) von Gaurav Madan schildert das Treiben in der heiligen Stadt Varanasi, der letzten Station im Leben der gläubigen Hindus. Protagonist ist der Totenfotograf Sooraj, der im Zeitalter der Smartphones immer weniger gebraucht wird. Gelingt es ihm, aus seinem traditionellen Beruf auszusteigen?

Um Korruption, die wichtige Infrastrukturprojekte in Assam verhindert und somit Landstriche zu Todesfallen macht, geht es in „Balconyt Bhogawan“ (God on the Balcony) von Biswajeet Bora. Eine Mutter, die bei einem Unfall mit einem wilden Elefanten schwer verletzt wird, erliegt auf dem Transport ihren Verletzungen – weil ein direkter Weg zum Krankenhaus wegen der Bestechlichkeit einiger Verantwortlicher immer noch nicht existiert. Die Sensationsmedien greifen den Vorfall auf und fügen den trauernden Hinterbliebenen noch größeren Schmerz zu.

Die Schauspielerin Sonal Sehgal, die 2019 mit dem Drama „Lihaaf –The Quilt“ das Festivalpublikum in Stuttgart begeisterte, ist dieses Mal mit dem queeren Sci-Fi-Thriller „Manny“ von Dace Puce vertreten. Der Sprachassistent Manny nimmt eine Autorin, die sich zum Schreiben ihres neuen Buchs in das Haus einer Bekannten zurückgezogen hat, in Geiselhaft. Sonal Sehgal, Tochter eines Wissenschaftlers, beschäftigt sich schon immer gerne mit der Frage, „Was wäre wenn...?“ Sie schrieb die raffinierte Geschichte, die es wirklich in sich hat und spielt auch die Hauptrolle. Ihr Leben entfaltet sich durch drei Liebesbeziehungen: eine reale, eine in ihrer Familie und einer virtuellen.

Ein älteres Ehepaar will in „Koli Taal – The Chicken Curry“ von Abhilash Shetty sein Enkelkind mit seiner Leibspeise Chicken Curry überraschen. Doch plötzlich macht sich der noch lebende Hahn aus dem Staub und die Aufregung ist nun groß. Ein vierjähriges Mädchen rennt ihrem davongeflogenen roten Luftballon namens Happy hinterher.

Für seine Mutter beginnt in „Searching For Happiness“ von Suman Ghosh eine nervenaufreibende Suchaktion in den Straßen von Kolkata. Was mit einer verspielten Leichtigkeit beginnt, wird für die Mutter zur nervlichen Zerreißprobe. In „Not Today“ von Aditya Kripalani wird die 24-jährige Aliah gleich an ihrem ersten Arbeitstag als Suizidpräventationsberaterin mit einem 52-jährigen Lebensmüden konfrontiert, der selbst 15 Jahre lang in diesem Beruf gearbeitet hat.

Dokumentarfilme im Festivalprogramm

Das Stuttgarter Filmfestival stellt in der Kategorie Dokumentarfilm zahlreiche mutige Frauen vor, dazu gibt’s Kurzfilme in vier Themenblöcken, digitales Fernweh-Kino, auch atemberaubende Eisenbahnreisen durch Indien vom „SWR“, und ein ansprechendes musisches Rahmenprogramm.

Infos und Festival-Pass unter www.indisches-filmfestival.de

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Topbeitrag

Anlaufstelle in Pune

 

Die Kooperation zwischen Karlsruhe und dem indischen Pune ist einen Schritt weiter: Im Januar 2014 wurde im "MCCIA Trade Tower", 403, Senapati Bapat Road, eine direkte Karlsruher Anlaufstelle mit den Repräsentantinnen Iris Becker und Winnie Kulkarni von "Let's Bridge IT" in Pune eröffnet.

Durch Erfolg und Ausbau der vielfältigen Aktivitäten - ob Infos rund um den Standort Karlsruhe, aktiv Kontakte zu indischen Firmen halten oder deutsche Firmen aus der TRK in und um Pune bekannter machen - erfolgte im März 2018 ein Umzug in neue Räumlichkeiten, auch durch die Erweiterung um die Repräsentanz des Landes Baden-Württembergs in Maharashtra sowie das Marketingbüro der „Hochschul Föderation Südwest“. 

 

Karlsruhe Cooperation & Marketing Office
Let's bridge IT, Ms. Iris Becker
9th Floor, Sunit Capital, Senapati Bapat Road, Pune 411016
Tel: +91 75 0782 7033